Charlie und die Schokoladenfabrik

(Charlie and the Chocolate Factory)

Regie: Tim Burton
Start: 11. August 2005

"Eine solche Verfilmung bringt eine Menge Verantwortung mit sich, denn wahrscheinlich gibt es auf der ganzen Welt kein Kind, das die Geschichte nicht gelesen oder davon gehört hat.", sagt Felicity Dahl, die Witwe von Roald Dahl, dem Autor des 1964 erschienenen, gleichnamigen - ich nenne es mal - Kinderbuches, und sie bringt mich damit in die unangenehme Lage, zugeben zu müssen, dass auch ich einmal ein Kind war. Und zwar eines derer, die die Geschichte nicht gelesen und auch nicht davon gehört haben. Typisch amerikanische Arroganz seiner zweiten Ehefrau, möchte ich meinen. Oder bin ich der einzige, der die Geschichte nicht kennt? In diesem Falle wäre es eben typisch deutsche Ignoranz. ;-)
Milkyway
Herrlich und idyllisch: Die Schokoladenfabrik.

Nachdem ich nun aber schon die zweite Seite im Internet gefunden habe, die Dahl als Kinderbuch-Autor mit schwarzem Humor beschreibt oder gar dem Horror-Genre zuordnet, gebe ich meine Recherche auf und muss meine Annahme korrigieren: Tim Burton ist der perfekte Regisseur für diesem Film. Feuerfangende, dahin schmelzende Puppen, süße, angriffslustige Eichhörnchen oder fast in Schokolade ersaufende (typisch deutsche) Fettsäcke, vermischt mit bunt schillernden Farben um eine düstere Atmosphäre herum, das ist die Handschrift von Tim Burton. Und ich halte es ihm - als alter Kinderhasser - zu Gute, eine Art albtraumhafte Stimmung in einem Kinderfilm zu erzeugen, wurden mir selbst doch Stimmung und stimmungsvolle Eingangssequenz erst einmal durch pünktlich nach Filmstart eintrudelnde Kids, die sich für keinen Sitzplatz entscheiden konnten und im Bild rum standen, verdorben.
So locker und leicht, der schwimmt sogar in Schokolade
Gefährlich und braun: Die Schokoladenfabrik.

Im weiteren Verlauf des Films kam es darauf aber nicht mehr an, denn auch bei düsterem Humor ist ein Kinderfilm ist ein Kinderfilm ist ein Kinderfilm. Als eine Herde auf 75 Zentimeter verkleinerter Deep Roys (Name des Schauspielers) als Umpa Lumpas (Name der fiktiven Ureinwohner-Rasse) anfangen, singend durch den schrillen Garten Eden der Fabrik zu hoppeln, ist das Erlebnis spätestens gelaufen, und ich fange an, meinen Verriss an Tim Burton zu planen. Allerdings sind selbst diese Gesangseinlagen, wenn auch eher als Sprechgesang, in der Buchvorlage enthalten und im Film weitgehend unverfälscht erhalten. Die Umsetzung von Tim Burton wirkt zwar absichtlich trashig, doch kann auch das nicht darüber hinweg täuschen, dass es schlicht und einfach gequirlte Scheiße ist. Die weiteren Gesangseinlagen werden von den Kids indessen dankbar als Pinkelpause genutzt, womit der fäkale Teil dieser Kritik nun abgehandelt wäre.
Weiße Schokolade?
Enervierend und weiß: Zeit für die 2001. Pinkelpause.
Umpa, Umpa, Umpa, tätäräh.

So ein bisschen stand ich also kurz davor, Tim Burton zu unterstellen ebenso exzentrisch und abgedreht wie Willy Wonka (Johnny Depp - der mit der Schere in der Hand), der exzentrische und abgedrehte Besitzer der Schokoladen-Fabrik, zu sein, der fünf Kinder in seine fantastische (sprich: surreal märchenhafte) Schokoladen-Fabrik einlädt, wovon eines am Ende noch einen ganz dollen Superpreis gewinnen kann. Wirkt die Handlung des Films an manchen Stellen unerklärt aus der Luft gegriffen, so scheint dies ebenfalls ein Manko der Buchvorlage zu sein, Tim Burton hat sogar noch Szenen aus Willy Wonkas Kindheit hinzugedichtet, um das Ganze mehr abzurunden.
Die Folgen von weißer Schokolade
Vater und Sohn: Ein Wiedersehen.

Umgekehrt zur sonstigen Kinolandschaft, sind in diesem Film sogar weniger Digital-Effekte, als man vermuten möchte. Tim Burton legte Wert darauf, soviel wie möglich "in Echt" umzusetzen. Und so hoppelte nicht nur Deep Roy seine Tanzeinlagen pro Umpa Lumpa jeweils erneut und separat, anstatt einfach am Computer vervielfältigt zu werden, sondern auch bis zu 40 Eichhörnchen hoppelten ihren digitalen Counterparts hilfreich zur Seite. Nichtsdestotrotz bleibt CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK ein Film, der mir nicht nur nicht, sondern ausgesprochen gar nicht gefallen hat. Den Kindern wird's egal sein, denn die fressen - wie im Film auch Fettsack Augustus Glupsch (Philip Wiegand - da sehen wir mal, wie sich Tim Burton deutsche Kinder vorstellt ;-) - mehr oder minder eh alles, solange es nur süß genug wirkt...
Nuts hat's
A-Hörnchen und B-Hörnchen: Ho(h)l die Nuss!

KO

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