The Lady Chablis und Cusack

MITTERNACHT IM GARTEN VON GUT UND BOESE (sic!)

Wenn man von einem zweieinhalb Stunden lang traumhaft-stimmungsvoll dahinplaetschernden Film erfaehrt, dass er an Originalschauplaetzen nach einer authentischen Geschichte gedreht wurde, fragt man sich, ob das Leben anderswo nicht doch realer sein koennte als hier. Sonny Seiler heisst der Anwalt des von Kevin Spacey dargestellten Protagonisten Jim Williams naemlich nicht nur im Film, sondern auch in Wirklichkeit. Und der echte Sonny Seiler taucht, wie zur Bestaetigung, in der Rolle eines Richters auf. Auch die Lady Chablis ist wahrer Kult. Rumgereicht in amerikanischen Talkshows, kennt den Transvestiten inzwischen das ganze Land. Wenn Clint Eastwood ihr grossen Raum zur Selbstdarstellung und sie pausenlos voller erotischer Affektierheit plappern laesst, vergisst man tatsaechlich, dass man es mit einem Spielfilm zu tun hat, in dem nur die Figur von John Cusack, des Reporters Kelso, der sich in den Bann des Lebens von Savannah ziehen laesst, eine dramaturgisch notwendige, reine Erfindung ist. The Lady Chablis singt naemlich wahrhaftig in den Bars Savannahs, laut COSMOPOLITAN "die sinnlichste Stadt der amerikanischen Suedstaaten". Und gedreht wurde in der historischen Innenstadt. Dabei sind es viel eher noch die Exzentriker, die das Flair dieses Ortes abbilden, als Mercer House, Forsyth-Park oder Bonnaventure-Friedhof. Menschen wie der Trinker, dessen Bienen an Faeden befestigt um seinen Kopf schwirren und ihn ueberall hin begleiten, oder der Butler, dessen verstorbener Herr ihn beauftragte, mit einem imaginaeren (weil auch laengst toten) Hund an der Leine regelmaessig spazieren zu gehen. Dass Eastwood ihnen stets eine Weile laenger Aufmerksamkeit schenkt als erwartet, kennzeichnet seine Liebe zu den Charakteren. Dafuer verzeiht man ihm dann auch, dass er formal auffaellig etwa die Szene durch katastrophale Perspektivenwechsel und Achsenspruenge vergeigt, in der Kelso das Haus von Williams betritt und dort auf ihn warten muss.

Die Selbstverstaendlichkeit, mit der Voodoo-Zauber von einer undurchsichtigen schwarzen Magierin zelebriert wird, geht Hand in Hand mit der Nonchalance, durch die Spacey der Figur des elegant-gelassenen Antiquitaetenhaendlers glaenzen laesst, eines Homosexuellen, der - so scheint es - in sich den Kampf zwischen eigenem Anspruch auf Stil und Kultur mit der Begierde nach einem gutgebauten, doch durchgeknallten Lover aus einfachen Verhaeltnissen nur durch eine schwerwiegende Tat gewinnen kann. In John Berendts Romanvorlage (1996 bei Bertelsmann erschienen und 1997 bei btb als Taschenbuch) sollen die Exoten noch bunter und zahlreicher herumspazieren, ich bin jedenfalls nicht muede geworden, Eastwoods Auswahl zuzusehen. Letztes Jahr hatte ich mal einen Flug in die USA gewonnen und musste ihn verfallen lassen, weil ich kein Geld fuer den Aufenthalt hatte. Wenn ich heute koennte, ich wuerde ab nach Savannah (wie der Film eigentlich heissen muesste) den Soundtrack mit Johnny Mercers Evergreens im Ohr und Clint Eastwoods "Accentuate the Positive"

KILLER

Spacey und einer der besten Jungschauspieler, finde ich

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