DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES

(Los amantes del circulo polar)

Drehbuch & Regie: Julio Medem
Start: 26. Oktober 2000

Ana (Najwa Nimri) und Otto (Fele Martinez) sind Palindrome. Das bezeichnet nicht etwa Anhänger einer religiösen Sekte oder einen alten spanischen Ureinwohnerstamm, nein, es sind einfach nur Worte, die man vorwärts und rückwärts lesen kann. So wie Regen und Neger, - nur daß man bei Palindromen nie weiß, in welche Richtung sie gerade gelesen werden.

Nun ja, Ana und Otto selbst sind natürlich mehr als nur Worte, sie sind zwei Menschen, die sich in sehr jungen Jahren das erste Mal begegnen, eigentlich lediglich per Zufall, und der Zufall spielt in DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES mindestens eine ebenso große Rolle wie die Symbolik eines Kreises selbst.


DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES als Kinder:
Sara Valiente und Peru Medem.

Kreise kann man in vieles hinein interpretieren, die Namen, Ottos Anlitz in Anas Pupille, der runde Ball, dem Otto nachrennt, bis er Ana begegnet, die sich wiederholenden Sequenzen, einmal aus Ottos, dann aus Anas Perspektive, immer abwechselnd und dann gemeinsam, jedoch nie plump und oberflächlich, sondern feinfühlig und subtil - sowie die ganze Geschichte.

Anas Mutter und Ottos Vater heiraten und nach langer Zeit wird auch aus Ana und Otto ein - wenn auch geheimes - Liebespaar, doch nicht auf Dauer und so entfernen sich die beiden wieder voneinander, nur um doch eigentlich immer wieder und immerwährend auf der Suche zueinander zu sein. Eine Suche, deren Ende sich schließlich durch ein Verkettung weiterer Zufälle am Polarkreis anzubahnen beginnt.

Bettszene
DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES als Teenager und unterm Bett:
Victor Hugo Oliveira und Kristel Diaz.

Regisseur Julio Mendem kann dies alles selbstverständlich viel schöner erzählen:
"DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES umkreist einen flüchtigen Augenblick: Das Spiegelbild von Ottos Gesicht in Anas Augen.
Der große Kreis gibt den Rahmen und den intimen Sinn für die anderen beiden kleineren Kreise, den von Ana und den von Otto. In deren Mittelpunkt wiederum, in einem weiteren Kreise, durchstrahlt eine Sonne eine weiße Nacht. Es ist die Mitternachtssonne, die den Tag ohne Ende erscheinen läßt.
Kreisförmige Geschichten scheinen immerfort zu dauern und nie zu enden - oder mehrmals zu beginnen. DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES ist außerdem noch individuell von jeder der beiden Hauptfiguren erzählt, so daß es scheint, als könnte der Kreis halbiert werden.
Doch die beiden Teile können nicht getrennt werden: Ana und Otto sind zutiefst bewegt durch ihre gegenseitige Existenz, die ihr Leben erfüllt, so daß für sie der Rest der Welt überflüssig ist.
Der Film versucht, die Obsessionen seiner Hauptfiguren zu schützen. Ottos Theorie von ewiger Liebe erlaubt ihm, eine Traumwelt zu schaffen, die Ana zu ihrer Freude vervollständigen kann, denn sie hat eine ganz natürliche Neigung, sich und ihr Leben vom Zufall leiten zu lassen. So ergänzen und stärken sie einander.
Für Otto nutzt sich die Liebe nie ab, kann auch durch den Lauf der Zeit nie kaputt gehen. Und Ana ist in der Lage zurückzugehen in der Zeit, so lange sie will, ein ganzes Leben lang. Sie hat alles Recht dieser Welt, einer Tragödie davonzulaufen."


Perspek-
Ana (Najwa Nimri) und ein weiterer Zufall.

-tive
Otto (Fele Martinez) und Ana (Najwa Nimri).
"Es gibt keine guten Zufälle mehr,", sagt Ana einmal,
"ich habe sie alle aufgebraucht."

Ich persönlich hätte Anas und Ottos Leben vielleicht als Weg auf zwei sich in zwei Punkten schneidender Kreise zu beschreiben versucht, welcher sie zueinander hinführt, voneinander entfernt und schließlich wieder vereint, ein Prinzip, das dem Zufall eigentlich entgegen steht, doch wer sagt, daß der Zufall auf dem Kreisweg nicht schon vorherbestimmt sein darf, und so kann sich jeder am bis fast zum Schluss unvorhersehbaren, obwohl schon ganz zu Anfang fast gezeigtem Ende fragen, ob sich der Kreis nun schließt, oder ein Ende nur durch Zerstörung eines Kreises existieren kann.

Geier Sturzflug
Otto, der Pilot.
Ein weiterer Kreis im Kreis.

Auf jeden Fall eine wunderschöne, unkonventionell erzählte Geschichte, irgendwo zwischen Spanien und dem Polarkreis und fernab von Hollywood.

KO

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© movienet