THE QUIET FAMILY

(Choyonghan kajok)

Regie: Kim Ji Woon

Was ist der Unterschied zwischen einem Filmfest und einer Filmmesse wie der MIFED in Mailand? Auf der Filmmesse versüßen einem schöne Frauen vor den Kinos das frühe Aufstehen. Eine davon ist 'Miss Blue Lid'. Ich habe mir nun angewöhnt, Menschen nach Eigenschaften oder äußerlichen Merkmalen zu benennen, damit mir nicht wieder durch Verwechseln der standardmäßig auf der MIFED ausgetauschten Visitenkarten irgendein Verdreher unterläuft. Obwohl mir nämlich Miss Blue Lid, die wegen ihrer blau geschminkten Augenlider so heißt, demonstrierte, wie eine höfliche Visitenkartenübergabe vollzogen wird (nämlich beidhändig), antwortete sie auf meinen späteren Anmachversuch "Hazel, right?" zweimal freundlich mit "Yes". Doch sie ist nicht Hazel. Sie ist Young-Joo Suh. Hazel dagegen, ihre Kollegin, ist 'Miss Flush', eine Hongkong-Schönheit, doch dazu ein andermal mehr. Diese asiatische Höflichkeit. Man stelle sich vor, man würde mich einfach mit "Herr Schmidt" ansprechen, ich würde doch sofort kontern. Jedenfalls verwechselte ich also Visitenkarten und Namen. Unverwechselbar dagegen der Charme der niedlichen Koreanerin, die als Vertreterin der Ilshin Investment Co. auch von meinem Zimmergenossen Ivo gerne aufgesucht wurde, der sich so in "Quiet Family" (oder Miss Blue Lid) verguckte, das er einen Deal vorschlug. XXX Dollar für die DVD-Vermarktungsrechte an THE QUIET FAMILY. Und damit ist bereits angedeutet, daß wir es hier mit einem der kassenträchtigsten Filme der MIFED 99 zu tun hatten.


Aufs Fantasy-Filmfest, wo bereits THE SOUL GUARDIANS von der gleichen Company lief, würde die Geschichte nur zu gut passen, in der eine koreanische Familie in einer abgelegenen Gegend ein Hotel betreibt, wo sich erst allmählich Gäste einfinden, die dann aber auf groteske Weise ums Leben kommen. Die Familie macht einen Prozess durch, der vom Entsetzen bis zur mehr oder weniger professionellen Leichenbeseitigung reicht und sich dramaturgisch gekonnt zuspitzt. Ivo lachte sich schelmisch schlapp im Klange einer Cartoon-Comigfigur, Daniel - ein weiterer Kollege aus X-Tro-Zeiten - dröhnte bassig eine Reihe dahinter und nickte am Ende anerkennend mit dem Kopf, und ich wunderte mich darüber, wie Miss Blue Lid, die unmittelbar vor mir saß, es schaffte, NICHT auf ihrem Stuhl herumzurutschen (eine Dauerbeschäftigung von uns Deutschen, denn richtige Kinosessel findet man auf der MIFED selten) - obwohl ich sie psychokinetisch dazu veranlassen wollte. Fazit: Ich würde auch gern eine schwarze Komödie von einer Koreanerin mit gutem Rückgrat kaufen. Wenn sich dann noch ein deutsches Publikum für eine koreanische Cast so begeistern kann wie für die von SCREAM, sind Vergnügen und Profit garantiert und beide Seiten glücklich.

KILLER

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