Auf welchem Sofa wuerdet Ihr gerne hocken?

JACKIE BROWN

Oh, diese makellose Schauspielkunst! Bridget Fonda, die ihre Figur als "kleine Schlampe" tituliert, Samuel L. Jackson, der mit Zopf und Kinnbart das Aussehen chinesischer Kung Fu-Kaempfer imitiert, Michael Keaton, der zweideutig grinst, und dann ganz lieb ist, Robert de Niro, der sich zurueck- und doch naiv jede Gelegenheit wahrnimmt, und vor allem Robert Forster, der sonor Abgeklaertheit neu definiert - da bleiben 148 Minuten Tarantino mit ueberraschend wenig Action kurzweilig. Mit dieser Verfilmung des Elmore Leonard-Romans RUM PUNCH verraet uns Quentin seinen genauen Blick fuer vergessene Darstellerleistung und seine Liebe zu den 70ern. Robert Forster zum Beispiel, den manche noch als Privatdetektiv BANYON in Erinnerung haben werden, versumpfte nach John Hustons REFLECTIONS IN A GOLDEN EYE (1966, nackt auf einem Pferd Marlon Brando antoernend!) und Haskell Wexlers MEDIUM COOL (1969) in zweitklassigen Filmen. Hoert mal, wie er beilaeufig von seinem Job erzaehlt und von seinen Haarproblemen - der studierte Psychologe ist obercool. Kein Wunder, dass die Hauptdarstellerin Pam Grier zu ihm passt, der Star aus "blaxploitation movies" der 70er wie THE BIG DOLL HOUSE, COFFY und FOXY BROWN (alle von Jack Hill), FRIDAY FOSTER (Arthur Marks) und SHEBA BABY (William Girdler). Minutenlang laesst Tarantino die Kamera auf sie gerichtet, als sie, in einer Szene, wie sie jeder von uns kennt, der mal auf einem Flughafen war, in ihrer enganliegenden Stewardessen-Uniform in perfekter Haltung den Gang herunterstolziert. Diese Langsamkeit, mit der Quentin jedem seiner Darsteller Raum schenkt, mag eingefleischte Ballerfans ebenso enttaeuschen wie der Rueckzug der Kamera in einer Szene, in der jemandem ins Herz geschossen wird. Dabei war die groesste Befuerchtung die, dass Tarantino sich nur selbst kopieren koennte. Stattdessen sicherte er sich mit seinem Partner in der Produktionsfirma "A Band Apart", Lawrence Bender, die Rechte an drei Elmore-Leonard-Krimis (FREAKY DEAKY wird demnaechst von Monte Hellman verfilmt, dazu kommt KILL SHOT). RUM PUNCH hat er insofern veraendert, als er den Drehort von Florida zur South Bay Kaliforniens verlegte (wo Tarantino seine Kindheit und Jugend verbrachte) und die weisse Protagonistin Jackie Burke in die schwarze Jackie Brown verzauberte. Beibehalten hat er den "natuerlichen Realismus" Leonhards, in dem die Ereignisse ganz von selbst ineinandergreifen. Einige fiktive Markennamen wird der Tarantino-Fan in JACKIE BROWN wiedererkennen, ebenso das Del Amo Fashion Center, in dem sich Quentins ehemaliges Lieblingskino befindet, aus der Zeit, in der er noch in einer Videothek arbeitete. Ansonsten duftet der Film wirlich nach den 70ern, und seine Wehmut haelt noch den ganzen Abend an, wenn am Ende auch die Alltagsmelancholie sich in Unschaerfe aufloesen moechte.

KILLER

Pam Grier: So sehen Stewardessen aus

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