Internationales Filmfest Frankfurt 2006
(2. - 12. November 2006)
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Kurz und knapp und peu a peu, die Filme, die ich gesehen habe.
Bild-Material... dauert immer noch - oder kommt auch nie.
Die Auswahl ist so spärlich, dass es sich kaum lohnt.
The Host (Gwoemul)
Regie: Joon-ho Bong
Park Kang-du (Kang-ho Song) ist ein Vater, wie er im Buche steht. Und zwar
im Drehbuch zu THE HOST. Und dort ist er als extrem unzuverlässig und
verschlafen beschrieben. Ob er nun kurzerhand die Hand seiner Tochter
vertauscht (bildlich dürft ihr euch das nun vorstellen, wie ihr
wollt) oder seinem Vater im entscheidensten aller Momente eine ungeladene
Waffe zur Verteidigung in die Hand drückt, bei allen Gewissensbissen,
die ihm dies verursachen mag, seinen Schlaf vermag es nicht zu
stören.
Und während Park Kang-du vielleicht das ein oder andere Nickerchen
hält, bleibt das Publikum hellwach und unterhalten. Denn der
Genre-Mix ist tricktechnisch ein Spitzenprodukt und eifert Hollywood in
gleichem Maße nach wie sonst Hollywood dem asiatischen
Martial-Arts-Kino. Er verliert aber nicht seine Identität, was dem
ein oder anderen vielleicht spannungstechnisch befremdlich vorkommen mag,
und er ändert ganz schnell seine Gangart, vor Allem, wenn man
überhaupt nicht weiß, was einen erwartet, und deswegen werde
ich den Teufel tun und noch mehr dazu sagen.
Cowboy Angels
Regie: Kim Massee
Ich hatte schon vor, über COWBOY ANGELS eher positiv zu berichten,
doch nachdem THE HOST, der Film, den ich als nächstes sah, nun meine
positive Energie fast aufgebraucht hat, muss ich sehen, was ich noch
zusammen kratzen kann.
Es gab' einen Empfang zum Film und kostenlos Brezeln und Prosecco. Das war
schon einmal sehr positiv. Sagt übrigens auch Regisseurin Kim Massee,
die eben noch keine reiche Hollywood-Bonzin und des Sekt und Brezels
überdrüssig ist, und noch die kleinen Dinge des Lebens zu
schätzen weiß. Unter anderem auch ihren Sohn Diego Mestanza,
dem sie im Film dann gleich mal die kindliche Hauptrolle auf den Leib
schrieb. Und weil der Film ein Road-Movie ist und Diego alias Kevin alias
Pablo noch zu klein zum Autofahren, stellt sie ihm Thierry Levaret alias
Louis Leroi, weniger König als abgehalfterter Pokerspieler, zur
Seite.
Der französische Akzent verleiht dem immer wieder (vielleicht auch
einmal zuviel ;-) kehrenden und von Kim Massee getexteten Titel Song
"Angel in Disguise" ein besonderes Flair - und lässt einen vor Allem
"Angel in the skies" wortspieleln.
Kim Massee sagt über den Song: "Ich wollte einen Bob Dylan Song, aber
ich konnte mir keinen leisten. Also habe ich mir meinen eigenen Bob Dylan
Song geschrieben."
Und Wim Wenders, Schirmherr des Filmfest Frankfurt, und mit Teilen der
Film-Crew bei der Vorführung anwesend, will auch etwas sagen und
deswegen reisst er der Ansagerin vor dem Film schnell das Mikro aus der
Hand und sagt es. Ohne seine Förderung wäre der Film wohl in der
Versenkung versunken oder gleich niemals gedreht worden. Naja, vielleicht
war er doch gar nicht so gut...
Citizen Dog (Mah Nakorn)
Regie: Wisit Sasanatieng
Als ich in der Inhaltsangabe etwas von einem thailändischen
Wanderarbeiter und einem Schwanz (quer)las, reimte ich mir eine
langweilige, doku-ähnliche Geschichte über einen
thailändischen Jungen zusammen, der auf seine Geschlechtsumwandlung
hin spart, um zukünftig Geld in der Prostitution zu erwirtschaften,
und ordentlich Hormone schluckt, bis ihm der Schniedel schrumpft.
Ich hätte falscher nicht liegen können.
CITIZEN DOG ist die thailändische Antwort auf DIE FABELHAFTE WELT DER
AMELIE. Eine astreine Komödie und mit einer besten Filme des gesamten
Festivals. Wer abstruse, nicht unbedingt der Realität entsprungene
Geschichten mag, von gnadenlos durch die Digitaltechnik gejagten,
aufgebunteten Bildern im Stile eines Tim Burton sich angezogen fühlt
und sprechende Teddy-Bären auch ohne Drogen versteht, der ist hier
absolut nicht fehl am Platz.
Colour Me Kubrick
Regie: Brian W. Cook
A Truish Story...
Verbleibe ich bei dem Schema, als nächsten Film, den Film zu
erwähnen, den ich zuvor gesehen habe. Für das Publikum war
COLOUR ME KUBRICK der beste Film des Festivals, CITIZEN DOG dürfte
der breiten Masse gar nicht aufgefallen sein und ward auch auf dem zweiten
und dritten Platz nicht gefunden. Ein unverdienter Sieger ist COLOUR ME
KUBRICK deswegen noch lange nicht.
Für Brian W. Cook ist dies die erste erste Regie-Arbeit, doch die
letzten 20 bis 30 Jahre ist er schon als Second Unit Director
Regie-Assistent und Produzent im Showbiz unterwegs. Seine Meinung ist
dabei nicht unbedingt von Allem eine positive. So ließ er sich nach
dem Film auch zu Aussagen der Form, Viele - auch große und
bekannte - Regisseure proben nicht, sie stehen morgens am Set und haben
keinen Plan, was sie heute drehen wollen, Action-Filme kann jeder
machen und Ich arbeite auch mit schlechten Regisseuren, mit
schlechten Filmen macht man meist mehr Geld hinreisen.
Das wirkt zwar etwas hochnäsig, doch einen schlechten Film hat er
deswegen eben trotzdem nicht gemacht. Nach seiner Aussage ist das meiste
des Films wahr, man musste nur wegen der legalen Angelegenheiten beim
Drehbuch etwas aufpassen und verfälschen.
Zugetragen soll sich das Ganze so haben: Während der Dreharbeiten zu
EYES WIDE SHUT
riefen immer wieder Leute an, die nach Stanley Kubrick verlangen, er habe
ihnen Dinge versprochen, schulde ihnen Geld und derlei. Bei den
Nachforschungen stieß die Crew dann tatsächlich auf einen
Betrüger, der sich als Stanley Kubrick ausgab und sich die damit
verbundenen Vorteile zu Nutze machte. Im Film übernimmt diese Rolle
John Malkovich, und eine der Abweichungen zur Realität ist
beispielsweise seine Garderobe. Der echte falsche Stan Kubrick soll eher
bieder gewesen sein, doch einen biederen, langweiligen Film wollte Brian
W. Cook eben nicht drehen.
Und weil Bob Dylan Songs anscheinend immer und überall einen
großen Stellenwert haben, sei noch erwähnt. Viele Songs im Film
sind von Bryan Adams. Sie klingen aber nicht so. Darauf angesprochen sagt
Brian Cook: "Ich sagte ihm, versuche so zu klingen wie Bob
Dylan."
El Custodio (Der Schatten)
Regie & Drehbuch: Rodrigo Moreno
Nun aber genug des Lobs.
Zu EL CUSTODIO habe ich folgendes zu sagen:
Die Inhaltsangabe beschreibt des Leben Rubéns (Julio Chávez)
als trist, als monoton und als Leibwächter eines Ministers, der zwar
stets mitten im Geschehen steht und doch immer nur im Schatten. Diese
Tristesse, auch im Privatleben mit Problemen gepaart, kann laut
Inhaltsangabe nur zur Explosion führen.
Was die Inhaltsangabe nicht erwähnt: Der Film spiegelt 93 der 95
Minuten, die er lang ist, die Monotonie und Tristesse wider, die Explosion
geht mit dem Ende des Filmes einher und kann getrost als Spannungsmoment
vergessen werden.
Da muss das Publikum doch explodieren. Also nicht wundern, wenn der ein
oder andere Zuschauer eine Knarre zückt und seinen Nachbarn
erschießt, um wenigstens irgendetwas in den 95 Minuten erlebt
zu haben.
Wem seine Gesundheit lieb ist - oder wer keine Knarre hat -, der sucht
sich also besser einen anderen Film.
The President's Last Bang - Director's Cut
(Geuddae geusaramdeul)
Buch & Regie: Sang-soo Im
Auf dem Filmfest Frankfurt 2006 als Deutschlandpremiere angepriesen, weil
es sich um den Director's Cut handelte. Die um ein paar Doku-Szenen
zensierte Fassung lief schon 2005 auf KILLERs CoreAction-Festival. Aufgewertet wird der Film
von den Szenen kaum. Am Ende saß ich gar auf heißen Kohlen und
ließ die Schluss-Sequenz ausfallen, um nicht eine Stunde auf die
nächste Bahn warten müssen, vom Film immerhin genug gefesselt,
so dass ich knapp und ächzend die Treppe hinunter kam, als auch
gerade die Bahn schon einfuhr, die gesparte Stunde keuchend und schnaufend
und den Schmerz meiner amalgamigen Zahnplomben verdrängend, aber auch
nicht gefesselt genug, um eine Stunde auf die nächste Bahn zu warten.
Erspart hätte ich mir all das freilich, hätte der Film
pünktlich um 22:30 Uhr begonnen.
Inhaltlich handelt THE PRESIDENT'S LAST BANG von der Ermordung des
Präsidenten Park Chun-hee 1979, wobei der Vorspann explizit
erwähnt, trotz des Basierens auf realen Ereignissen, sei speziell der
psychische Zustand der Charaktere reine Fiktion, werden sie alle,
Attentäter wie Leibwächter - zu viele Personen, die man als
Europäer dummerweise den halben Film kaum auseinander halten kann,
sehen sie doch irgendwie gleich (asiatisch ;-) aus - recht vertrottelt
porträtiert.
Love
Buch & Regie: Vladan Nikolic
Das Programmheft des Festivals vergleicht LOVE mit Pulp-Fiction. Ein
Polizist, ein Killer, eine Frau und ein paar Zeitsprünge machen aber
noch lange keinen Quentin-Tarantino-Film daraus. Doch immerhin schaffen es
die Zeitsprünge, mich den Film über zu beschäftigen, auch
während er seine Längen hat, versuche ich doch herauszufinden,
ob die Geschichte nicht einen (absichtlich eingebauten) Logikfehler
aufweist. Tut sie vermutlich nicht, doch das könnt ihr ja selbst
sehen - so ihr den Film denn seht.
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