Hilde
Regie: Kai Wessel
Start: 3. März 2009

Ja was denn nun?
Die größte oder die beste Sängerin ohne Stimme?

Google entscheidet zum Zeitpunkt meiner Suche mit 224 zu 216, die beste. Da hätte ich im Kino doch mal besser mit geschrieben, denn nun stehe ich da und kann nicht einmal mehr wahrheitsgetreu zitieren. Das Problem könnte natürlich auch daher rühren, dass Ella Fitzgerald, die das nämlich gesagt hat, es mit aller Wahrscheinlichkeit nicht auf Deutsch sagte. Über Hildegard Knef redete sie da übrigens - möglicherweise sogar mit -, das nur am Rande. Und was sagte sie nun auf Englisch?

"The greatest" - natürlich - "singer without a voice!".
Hm - oder doch eher "The greatest singer in the world without a voice!"?
Google sagte mit 148 zu 136 Hits ohne "in the world". So richtig eindeutig ist das auch nicht wirklich. Und wirklich richtig viele Hits sind es ganz nebenbei auch nicht. Hat Ella Fitzgerald es denn wirklich, überhaupt und ganz tatsächlich je gesagt?

Ich hoffe doch schon, denn immerhin soll dieser Satz der Beginn meiner Rezension werden. Ein weiteres Problem offenbart sich. Ich befinde mich bereits im vierten Absatz, habe wie so üblich noch nichts gehaltvolles gesagt (das ist nicht das Problem, sondern Teil des Konzepts), und der Beginn der Rezension ist bereits vorbei... - und beginnt mit den Worten "Ja was denn nun?".

Beginne ich im sechsten Absatz am Besten nochmals von Neuem. Ich persönlich halte, selbst wenn die richtigere Übersetzung zwar "beste Sängerin" sein mag, "größte Sängerin" für wohlklingender. Gebe ich Google also seinen 217. Hit.
"Die größte Sängerin ohne Stimme" nannte Ella Fitzgerald Hildegard Knef einmal. Und HILDE, der Film über Hildegard Knef, er hat das Potential zum größten deutschen Film ohne Handlung. Doch Vorsicht, das ist nicht im Geringsten negativ gemeint, sondern ebenso positiv wie Ella Fitzgeralds Äußerung.

Deutsche Filme interessieren mich in aller Regel wenig, da schlecht und aufgesetzt gespielt. Interessiert mich Hildegard Knef? - Nicht die Bohne! Gebe ich auch nur irgend etwas auf Heike Makatsch? - Nö! Zur Pressevorführung von Hilde ging ich einzig und allein, da sie ausnahmsweise abends statt fand und ich somit ohne größere, terminliche Umbaumaßnahmen Zeit - und Hoffnung auf ein vom Verleih bezahltes Bier - hatte. Zu allem Überdruss fand die Vorstellung dann noch in einem Kino statt, das kaum mehr den heutigen Ansprüchen genüge trägt und dort im kleinsten Kinosaal, den ich bisher noch nie zu Gesicht bekommen hatte, mit einer Leinwand von maximal zwei bis drei Metern Breite, eher zwei, meine ich, und... - es gab kein Bier!!!

Das ist ja ganz großes Kino, titulierte ich, und erzählte jedem, der es nicht hören wollte, ich glaube, ich schlürfe mein Cola zu Ende und dann verzieh' ich mich. Und - so schlürfte ich mein Cola zu Ende und verzog mich... - ... - nicht!

Denn, so wenig einen das Leben von Hildegard Knef interessieren mag, für wie belanglos man ein Viva-Sternchen als Hauptdarstellerin halten mag, wie sehr auch immer man deutsche Filme per Definition nicht... mag, Hilde, der Film, fesselt einen vor die Leinwand... bzw. das Leinwändchen.

Dem Text von "Für mich soll's rote Rosen regnen" folgend werden episodenhaft Stationen aus Hildegard Knefs Leben abgearbeitet, ohne dass dabei allen Handlungssträngen konsequent zu Ende gefolgt würde. Das Leben von Hildegard Knef passt wohl komplett auf keine Leinwand, wie groß auch immer sie sein mag. Und so scheint genau das der richtige Weg zu sein, das Leben zu erzählen.

Getragen wird der Film zu einhundertundzwanzig Prozent von Heike Makatsch. Schon in der ersten Szene wird klar, mit welcher Bravour (ihr müsst zugeben, ein mir vollkommen fremdes Wort) sie diese Rolle absolviert. Das ist nicht Heike Makatsch, die da am Flughafen an kommt, das ist Hildegard Knef. Es ist auch nicht Heike Makatschs Stimme, die den Journalisten kühl entgegnet: "Ich werde keinen Film mehr machen, es sei denn die Armut zwingt mich dazu.".

Heike Makatsch spielt nicht nur Hilde, sie singt auch Hilde.
Und auch das phänomenal!

Wenn ich bedenke, dass MILK, der letzte und zu Tode langweilige Film, den ich im Kino gesehen habe, 8 OSCAR-Nominierungen vorzuweisen hat, dann muss ich gestehen, es ist eine Schande, dass es für eine Nominierung Heike Makatschs wohl zu spät ist.

Heike Makatsch und der deutsche Film: Von nun ans geht's bergauf!

KO

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(Man kann das Merchandising auch übertreiben ;-)

Bildmaterial:
© Warner Bros.