COPLAND
Zur Eroeffnung eines Fantasy-Filmfestivals vor ein paar Jahren wurde Martini ausgeschenkt. Ich konnte irgendwie nicht genug davon kriegen, und noch bevor der Film anfing, wurde ich lustig. Zwei Maedchen im Martini-Outfit huepften vor mir rum und machten Polaroids. Ich zog meine Sonnenbrille auf, und setzte das Glas an den Mund. Die Aufnahme entstand vor zwei Cliffhanger-Postern, und spaeter legte ich sie einer Bewerbungsmappe bei, statt so einem lahmen Portraet. Irgendwie passte das. Und erinnerte mich daran, wie ich mal versuchte, ein Sylvester Stallone zu werden. Ich trabte in einen Sportcenter und liess mir die Apparate erklaeren. Auf einem kleinen Zettel wurden die Uebungsgruppen aufgefuehrt, die fuer mich geeignet waren. Eine Rubrik hiess: Trizeps. Ich bekam eine Hantel in die Hand und sollte hinter meinem Kopf mit gebeugtem Arm eine Bewegung vollziehen. Nichts ruehrte sich. Der Trainer suchte eine leichtere Hantel. Wieder nichts. Schliesslich gab er verzweifelt auf. Etwas noch Leichteres war nicht da. Also stand ich etwa zwei Wochen mit der Hantel hinter dem Kopf vor einem Spiegel und freute mich ueber jeden Milimeter, den ich nach oben schaffte. Dann kam der Durchbruch. Der Arm liess sich endlich strecken. Ich trug das aufgelegte Gewicht auf dem Zettel ein, schrieb ein "g" dahinter und kaufte mir eine Tonne Kohlehydrate und Eiweisse. In der Umkleidekabine tuschelten ein paar Schwergewichte ueber die Tabletten, die "gut fuers Knie" seien. Ich fragte, ob es auch was fuer mich gaebe, und kann nun sagen, so wuergt man jedes Gespraech unter Bodybuildern in der Umkleide ab. Drei Wochen spaeter hatte ich geschafft, was mir mit mehreren Jahren Kampfsport nicht gelungen war, ein Brustmuskel war gezerrt. Mit der Zeit wurden meine Muskeln haerter, aber ich sah immer noch aus wie ein Hering und wog kaum zwei Kilo mehr. Ich frass die Tonnen mit Eiweiss und Kohlehydraten leer und kapierte irgendwann, dass mich nur die Pillen fuers Knie stark machen konnten. Dann kam so ein Profibodybuilder ins Krankenhaus. Der hatte diese Pillen geschluckt. Ich hoerte auf und spielte wieder Schach.
10 Jahre danach, das Leben in erster Linie vor dem Computer verbringend, habe ich meinen 187 cm 94 Kilo beigebracht. Alles hat sich innerhalb von etwa zwei Jahren direkt ueber dem Guertel zusammengeballt, ein kleines Baeuchlein, unuebersehbar. Ist das nicht komisch? Als ich zunehmen wollte, ging es nicht. Und nun leg ich da zu, wo's mir nicht gefaellt. Und dann kommt COPLAND. Und ich weiss ploetzlich, dass alles in Ordnung ist, so wie es ist. Denn Sylvester sieht genauso aus wie ich. Bloss mit einem Ohrenstoepsel lauf ich nicht rum, um zu verstehen, wie sich einohrig Taube verhalten. Eines der Details, die Stallones Charakterdarstellung neben Harvey Keitels brutalem Zyniker und DeNiros intellektuellerem Gesetzeshueter bestehen lassen. Die zarten Liebesszenen, die er hat, unterscheiden sich ebenso von der Haudrauf-Dramaturgie des hollywoodschen Durchschnittsthrillers wie der dahinplaetschernde Plot, der erst am Ende in einem vor allem tonal eindrucksvollen Shootout seine Aufloesung findet.
Killer
